Schwarzflutschwester

Die Figur der Undine zieht sich durch Jahrhunderte der Literatur. Von den «Metamorphosen» des Ovid über die seelenlosen Wassergeister des Hochmittelalters bis zu Opern und neuerer Literatur. Meist als Objekt der Begierde mit gerade genug Fremdartigkeit, um die Erregung noch zu steigern. Eine Seele gibt es für diese klassischen Wasserfrauen nur durch Heirat mit einem (christlichen) Mann. Selten sehen wir hierin die Perspektive der Figur selbst.

Die Aachner Sängerin Joanna Schick wandelt die Undine in diesem Konzeptalbum in eine Handelnde, gibt ihr Stimme und Körper, Entwicklung und Absicht. Die Figur erhebt sich aus der Ikone der Natur und entsteht ganz, als Wesen voller Verstand, Empfinden und Trieb. Joana Schick verleiht der Undine ihr einzigartiges, warmes Timbre und gibt ihr Kraft und mit ihrer sorgfältigen Interpretation, die nicht mehr in eine Schublade zwischen Lied und Song passt, sehr viel Seele. Eine zerbrechliche Stärke klingt durch die Interpretation. Joanna Schicks Undine bestimmt ihren Weg selbst: inhaltlich und musikalisch.

Im Dreiergespann mit Joana Schick (Gesang), Daniel Umber (Texte) und Pablo Pirnay-Dummer (Musik und Produktion) entsteht eine Reise durch eine geizeichnete Perspektivübernahme in eine andere Welt. Zwischen Widerfahrnis, bestimmter Handlung und Bewältigung entsteht das Wesen neu. Die Undine wird vom Objekt zum Subjekt, weniger ikonenhaft, während zur altbekannten Verletzlichkeit eine zutiefst ungebändigte Natur tritt. Und der Anspruch des Barden, wissen und verstehen zu wollen was es bedeute -- und sei es um seine Traurigkeit zu erklären -- tritt in den Hintergrund der Schwarzflutschwester.

(Frontcover by Dr. Claudia Muth, Foto von Joana Schick by Bénédicte Bauer, Foto by Pablo Pirnay-Dummer by Stefanie Pirnay, Foto von Daniel Umber by Pablo Pirnay-Dummer)