Passage

Ingeborg Freytag entstammt einer Musikerfamilie und absolvierte seit frühester Kindheit eine
umfangreiche Instrumental-, Gesangs- und Improvisationsausbildung in Klassik, Jazz und
Global Music. Sie erweitert(e) und vertieft(e) ihr Wissen und ihre künstlerische
Formensprache durch Weiterbildungen in verschiedenen Tanz- und Bewegungskonzepten
und ein kontinuierliches grafisches Schaffen. Seit Anfang der 1970er Jahre ist sie als
Musikerin und Sängerin, Initiatorin und Komponistin in Musik- und Theaterprojekten
unterschiedlichster musikalischer Stile unterwegs. Sie arbeitet(e) u.a. mit Musikerinnen und
Musikern aus Deutschland, Polen, Russland, Georgien, Mozambique, Nigeria, Ivory Coast,
Mali, USA und Madagaskar. Seit ca. 1990 entwickelt, bearbeitet und praktiziert Ingeborg
Freytag als Solistin, Performancekünstlerin und Komponistin eine besondere
zeitgenössische Klangkunst. Ebenfalls seit 1990 forscht sie nach integrativen Werkzeugen
und Formaten, um ihre künstlerischen Strategien weiterzugeben und mit Menschen jeden
Alters und jeder musikalischen Befähigung zu praktizieren. Die Essenz des Augenblicks・(so
auch ein Titel ihrer sich beständig wandelnden Performances mit Spontankompositionen/
instant compositions) verweist auf die Konzepte von Мomentmusik・und intuitiver Musik・
aus den 1960ern genauso wie auf Jahrtausende alte buddhistische Auffassungen ・er die
Anwesenheit in der Gegenwart und das Tun/ Nicht- Tun aus dieser Anwesenheit heraus.
Weitere wesentliche Komponenten bilden die Resonanz des Aufführungsortes und die aus
dem Gewahrsein dieser Resonanz entstehenden musikalischen Ideen sowie ein tiefes
Verständnis der grundsetzlichen programmatischen Einheit von improvisierter und
komponierter Musik. Gemeinsam mit dem Alter der Bestuhlung, der Temperatur der
Scheinwerfer, den Erfahrungshorizonten des Auditoriums, der aktuellen Jahreszeit und
wechselndem Instrumentarium (Geige, Bratsche, Oktavgeige, Stimme, Perkussion,
Electronics & Live-Looping) entsteht eine mehrdimensionale Momentmusik. Festgelegte
Strukturen und motorische Erinnerungen vermischen sich mit unvorhersehbaren harmonischen
Hintergründen, melodischen Reckumschwüngen und dem Willen, sich zu erkennen zu
geben. Klassische Virtuosität und Punk, Schamanismus, seltsame Rhythmuszirkel und ein
verwegener Umgang mit dem Instrumentarium - alles kann verbunden, aufgelöst, neu
zusammengesetzt und wieder aufgelöst werden. Immer jedoch zitiert Ingeborg Freytag
musikalische Traditionen, Gesten und Regeln mit Respekt, untergründigem Humor und dem
Mut, gewohnte Verknüpfungen neu zu denken und neu zu verbinden. Ingeborg Freytags
Soloalbum „Passage・ist ein Dokument ihres langen unzensierten Austauschs mit dem
Instrument Geige, seinen Wurzeln und Traditionen, Möglichkeiten und Verwandlungen. Und
ein Geschenk und Versprechen an sich selbst zum 50jg Jährigen Bühnenjubiläum 2022 - ohne
Netz und doppelten Boden rein akustisch eingespielt in einem Stück.